10. Die Stadt gehört uns! Bürger_inneninitiativen und -beteiligung im öffentlichen Raum

Die Forderung nach öffentlicher Mitbestimmung bei Flächenwidmung, Stadtplanung sowie Bauprojekten ist ein heiß umkämpftes Feld, bei dem oft persönlich betroffene Anrainer_innen mit der Entscheidungsgewalt seitens der Investoren und Stadtpolitiker_innen konfrontiert sind. Die Aktivist_innen haben sich mittlerweile professionell in der Aktion 21 organisiert und fordern ein Umdenken im Städtebau, eine rechtliche Basis und mehr Transparenz.

Anhören

Herunterladen
Audio

Die Stadt gehört uns allen!

Der öffentliche Raum ist ein stark regelmentierter Raum. Verbotstafeln und Hinweisschilder kontrollieren und strukturieren die Bewegungen von uns Menschen. Die Straßen, die Häuser und die Parks geben vor, wo wir uns wie bewegen dürfen und wo nicht. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Entscheidung, wieviel Raum der Erholung und wieviel dem Verkehr gewidmet ist, für Konflikte sorgt. Vor allem dann, wenn es darum geht, die bestehende Situation zu verändern.

Noch trifft die Entscheidung darüber, wo etwas gebaut werden darf, alleinig die Stadtregierung. Diese Entscheidungsprozesse sind in den seltensten Fällen transparent und oftmals schwer nachvollziehbar. Die Stadbewohner_innen wollen das so nicht länger hinnehmen.  Die unterschiedlichen Bürger_inneninitiativen organisieren sich mittlerweile professionell in der Aktion 21 – Pro Bürgerbeteiligung. Die Obfrau Herta Wessely erklärt, dass es „meistens um Megabauprojekte, um die Erhaltung von Grünanlagen, um Verkehrsproblematik und um Denkmalschutz geht“.

Der Konzertsaal Muth der Wiener Sängerknaben am Augartenspitz

Die Aktion 21 arbeitet mittlerweile österreichweit und vereint alleine in Wien 80 Bürger_inneninitiativen. Einer der bekanntesten ist der Verein Freunde des Augartens. Zusammen mit dem Josefinischen Erlustigungskomitee kämpfen sie gegen eine Verbauung des Augartens. Vor allem aber haben die Aktivist_innen versucht, das Konzerthaus Muth zu verhindern. Und Sie sind noch immer nicht müde. So finden sich ein paar Meter weiter in der Oberen Augartenstraße Infostände und das Zelt der Konzerthausgegner.

Ob einem der neue Konzertsaal Muth nun gefällt oder nicht, ist nicht der ausschlaggebende Punkt für die Protestbewegung. Am Beispiel Muth wird vielmehr eine Umwidmungs- und Vergabepraxis der Stadt Wien sichtbar. Denn in den letzten Jahrzehnten gab es zahlreiche Vorschläge, Teile des denkmalgeschützten Parks zu verbauen oder umzubauen, die nicht genehmigt wurden. 2002 wurde der Augartenspitz, überraschender Weise entgegen aller gesetzlichen Vorlagen des Denkmalschutzes, einem privaten Investor überlassen.

Die Forderung der Aktion 21 – Pro Bürgerbeteiligung

Für die Aktivist_innen ist es tragische Gewissheit, dass ein unbebauter Ort, sei es ein Park, eine Wiese oder auch ein denkmalgeschütztes Areal, für immer als solcher verloren geht, wenn er einmal umgewidmet ist. In Zeiten von räumlicher Verknappung verspricht eine unbebaute Fläche in der Stadt hohe Gewinne. Denkmalschutz und Flächenwidmung sind dehnbare Begriffe, je nachdem wieviel Profit damit in Verbindung steht. Mehr Transparenz in der Entscheidungsfindung ist somit gefordert. Denn das Interesse von einzelnen Investoren sollte nicht über den knappen Lebensraum entscheiden. Herta Wessely erklärt, warum es so wichtig ist, Bürger_innen ein Mitspracherecht zu geben:

„Wir sehen an den vielen Beispielen der Initativen, dass es eine Möglichkeit des Korrektivs geben muss, denn die Regierung entscheidet auch nicht immer richtig, und vieles ist zu kritisieren. Der Bürger muss eingreifen dürfen und wenn es gegen ein Projekt 15.000 Unterschriften gibt, muss es eine Möglichkeit geben, einen Konsens zu finden, darüber abstimmen zu lassen, oder eine Befragung zu machen.“

Gestaltung: Ida Divinzenz

Kommentare sind geschlossen.